Du bist dem aufblühenden Bürgerthum eine warme Sonne – Leben und Sterben des liberalen Demokraten Robert Blum
„Die preußischen Siege der sechziger Jahre [des 19. Jahrhunderts – K.H.] und die Wandlung, die sie im Denken der meisten Deutschen hervorriefen, legten den Keim für die Niederlagen von 1918 und 1945.“ So lautet das Fazit des Bürgertumsforschers Hans Kohn zur Kapitulation des Liberalismus vor der feudalen Herrschaft, die im Scheitern der Revolution von 1848/49 ihren Ausgang nahm. Es war vor allem der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck, dem es mithilfe von „Blut und Eisen“ gelang, den Revolutionären und Republikanern des Vormärz die Basis im Volk zu nehmen und eine unzeitgemäße Fürstenherrschaft zu stabilisieren, deren Hybris in die Katastrophe führte.
Der Paulskirchen-Abgeordnete Robert Blum wurde am 9. November 1848 in Wien ermordet. Mit ihm starben die Träume, Hoffnungen und Erwartungen, die das ehedem zu neuem Selbstbewußtsein erwachte deutsche Bürgertum mit der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche verbunden hatte. Die Demokraten und Liberalen verloren ihren eloquentesten Vertreter und mit ihm den Mut, auf dem Weg zur Freiheit von Unterdrückung und feudaler Herrschaft weiter voranzuschreiten.
Heute ist der Name Robert Blum im Gedächtnis der Deutschen kaum noch präsent. Zwar gibt es eine Fülle an Literatur über ihn und seine Zeit, jedoch hat sich ein Mythos um den Märtyrer der Revolution, wie er in Italien mit Giuseppe Garibaldi, in Ungarn mit Lajos Kossuth und in Polen mit Tadeusz Kosciuszko verbunden ist, um ihn nicht gebildet. Dabei wäre die deutsche Geschichte wohl fundamental anders verlaufen, wenn er und seine politischen Gefährten sich hätten durchsetzen können und wenn der Kampf um die Macht in Deutschland vom Bürgertum gewonnen worden wäre; vielleicht hat Hans Kohn recht, und die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts wären uns erspart geblieben.
Wer war Robert Blum? Am 10. November 1807 wurde er in Köln geboren. Er wuchs in kleinen, ja, elenden Verhältnissen auf, vor allem nachdem der Vater, ein Faßbinder mit Sympathien für aufgeklärte Ideen, schon 1815 an Tuberkulose starb und die Mutter sich erneut vermählte. Der Stiefvater Kaspar Georg Schilder, ein ehemaliger Söldner, nun Schifferknecht und Trinker, hatte alle Mühe, seine insgesamt elfköpfige Familie durchzubringen. Dennoch schickte man den hochbegabten Schüler Robert, wohl vor allem auf Initiative der über den Durchschnitt ihres Standes gebildeten Mutter, auf das Gymnasium. Freilich mußte er es schon nach einem Jahr wieder verlassen, weil die Familie das Schulgeld nicht aufbringen konnte. Allerdings war nun der Bildungshunger des Robert Blum geweckt, der bis zu seinem Tode anhalten sollte. Er wurde zu einem Autodidakten, dessen Fähigkeiten und Kenntnisse durchaus akademisches Niveau erreichten.
Zunächst aber mußte er zu verschiedenen Meistern in die Lehre, und er legte nach einigen Irrungen 1826 die Gesellenprüfung als Gelbgießer ab. Danach fand er eine Anstellung beim Laternenfabrikanten Johann Wilhelm Schmitz, die ihm Reisen nach München und Berlin ermöglichte, was den geistigen Horizont des inzwischen auch politisch und poetisch interessierten jungen Mannes erheblich erweiterte.
Nachdem er seine Anstellung bei Schmitz verloren hatte, lenkte ein Zufall sein Leben in eine neue Richtung. Gerade hatte er sich voller Begeisterung mit den literarischen Berichten über die Pariser Revolution von 1830 befaßt, hatte die „Jungdeutschen“ Heine, Börne und Gutzkow gelesen, begann selbst zu dichten und schrieb „Den Parisern“ über die Juli-Ereignisse: „Freiheitshelden! Stolz der Zeitgenossen! / Edles Volk! O, wer kann Worte finden / Jene Thaten (…) würdig zu verkünden (…). / Ringet kühn für Recht und Freiheit. / Jauchzet: Hoch, die freie Welt!“ – da gelang es ihm, eine Stelle als Theaterdiener in Köln zu bekommen. Zwar war er eine Art mäßig bezahltes Mädchen für alles, ein „Ableiter für den Zorn der gesammten theatralischen Welt“, indes hatte er nun die Möglichkeit, mit dem kulturellen Leben in ständiger Verbindung zu bleiben und die beschwerlichen Umstände seiner bisherigen Arbeit hinter sich zu lassen.
Der Direktor Friedrich Sebald Ringelhardt wußte Blums Engagement zu schätzen und nahm ihn 1832 mit nach Leipzig, als er das dortige Theater von der Stadt pachtete und sich davon auch wirtschaftlichen Erfolg versprach. Blum wurde zum „Thatersecretair, Bibliothekar und Cassen-Assistent“ befördert und erhielt nun ein angemessenes Gehalt. Er blieb in dieser Position bis zum Jahre 1847 und war bald in künstlerischer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht die rechte Hand Ringelhardts.
Leipzig war auf dem Wege, eine der modernsten deutschen Städte zu werden. Schon zu Beginn der dreißiger Jahre war es das Zentrum des deutschen Buchhandels und Verlagswesens. Von 40.000 Einwohnern im Jahre 1832 wuchs die Stadt auf 400.000 gegen Ende des Jahrhunderts. Der Blum-Biograph Ralf Zerback nennt sie „eine Stadt der Bücher, Verlage und Schriftsteller, der Messen und Kaufleute“. Hier gab Heinrich Laube seine „Zeitung für die elegante Welt“ heraus und Heinrich Brockhaus betrieb in Leipzig einen der größten deutschen Verlage.
Das Leipziger Theater, an dem neben anderen namhaften Künstlern auch Albert Lortzing arbeitete, erlebte unter Ringelhardt eine wirtschaftliche Blüte, mußte aber auch angesichts seines auf breite Akzeptanz zielenden Programms manche Kritik wegen mangelnder kultureller Qualität hinnehmen, der sich auch Blum gelegentlich anschloß. Mit dem liberalen Demokraten Lortzing war Blum eng befreundet; gemeinsam schrieben sie die Revolutions-Oper „Die Schatzkammer des Ynka“, die freilich wegen ihrer politischen Brisanz nie aufgeführt wurde. Blum fühlte sich in seiner neuen Umgebung bald sehr wohl, und dreierlei sollte sein Leben prägen: Literatur, Politik und Liebschaften.
Als Dichter dilettierte Blum eher. Zwar schrieb er eine Fülle von Gedichten, von denen auch manche gedruckt wurden. Seine Bühnenstücke indes, deren genaue Zahl nicht bekannt ist, fanden kaum Beachtung. Nur eines, „Die Befreiung von Candia“, wurde gedruckt, zur Aufführung kam es indessen nicht. In seinen Dichtungen freilich spiegelten sich zugleich sein demokratisches Denken und sein späteres politisches Engagement. Zerback schreibt: „Der unerbittliche Gegensatz zwischen Tyrannei und Freiheitsdurst, zwischen Gewalt und Recht, ist ein Motiv, das sich durch das gesamte politische Denken Blums zieht.“ Besonders zeigte sich dies Motiv in Blums Sympathie für den Freiheitskampf der Polen, dem er das dramatische Gedicht „Thaddaeus Kosciuszko“ widmete. Aber auch anderen Völkern, die um ihre Befreiung von feudaler Willkür oder Fremdherrschaft rangen, galt seine Solidarität. So wurde er bei aller regionalen Orientierung zum Europäer und Kosmopoliten.
Den ersten Höhepunkt seiner umfangreichen publizistischen Tätigkeit zu kulturellen und politischen Themen bildete 1839 die Herausgabe eines „Theater-Lexikons oder Encyklopädie alles Wissenswerten für Bühnenkünstler, Dilettanten und Theaterfreunde“, das insgesamt sieben Bände umfaßte und in mehreren Auflagen erschien. Viele weitere publizistische Arbeiten schlossen sich an: Er gab die „Sächsischen Vaterlandsblätter“ (später durch die „Constitutionelle Staatsbürgerzeitung“ abgelöst) mit heraus und bediente sich ihrer als Forum seiner politischen Agitation; er veröffentlichte ein Volkstaschenbuch „Vorwärts“, das als kultur-politisches Jahrbuch konzipiert war und alles Wissenswerte zu Kultur und Politik in allgemeinverständlicher Diktion enthielt; er brachte ein „Staatslexicon“ heraus, das sich ebenfalls am Gebrauch durch das einfache Volk orientierte; 1847 kündigte er seine Stelle als Theater-Sekretär und machte sich mit der „Verlagsbuchhandlung Blum & Co.“ selbständig; seine letzte journalistische Initiative war die Mitbegründung der „Deutschen Reichstags-Zeitung“ in Frankfurt. Sein Kampf gegen den Adel, den er als „Leiche in der Gegenwart“ bezeichnete, drückte sich in seiner gesamten publizistischen Tätigkeit aus. Kein Wunder, daß die Obrigkeit ihn mißtrauisch beäugte und daß er einmal gar für seine Schreibarbeit ins Gefängnis gehen mußte.
Seine privaten Verhältnisse entwickelten sich in Leipzig durchaus nicht geradlinig. Blum hatte trotz einer gewissen Grobschlächtigkeit in Erscheinung und Verhalten zeit seines Lebens großen Erfolg bei Frauen, was zu mancher Affäre und dazugehörigen Verwicklungen führte. 1838 heiratete er zum ersten Mal. Seine Frau Adelheid starb allerdings noch im selben Jahr im Kindbett. 1840 heiratete er zum zweiten Mal. Mit seiner Frau Eugenie (Jenny) führte er eine glückliche Ehe; mit ihr hatte er vier Kinder. Gleichwohl gab es weitere Affären, von denen 1847 eine mit der Geburt eines unehelichen Sohnes endete. Jenny schickte sich drein und duldete den freizügigen Lebenswandel ihres Gatten. Auch als er ihr „auf das Bestimmteste erklärt“, daß er sie und seine Kinder verlassen werde, wenn eine „höhere Sache“ es erfordere, nahm sie dies klaglos hin.
Blums starke persönliche Ausstrahlung prägte gleichermaßen seine Wirkung als Redner und Agitator. Die Demokratin und Schriftstellerin Fanny Lewald porträtierte ihn überaus treffend: „Robert Blum ist fraglos einer der häßlichsten Menschen, die ich je gesehen habe. Er ist sehr stark, der Kopf steckt tief in den Schultern und er sieht mit seinem rotbraunen, krausen Haar, mit den kleinen, stechenden Augen und den groben, runden Gesichtsformen wie einer der Faune oder Satyren aus, die oft in den Rubensschen Bacchus-Bildern sich so widerwärtig darstellen. Personen, welche ihn sprechen gehört haben, sagen, daß sich sein Gesicht dann wunderbar belebe, daß es von Geist leuchtete, daß er wie ein Sokrateskopf aussähe (…) Was ich über seinen Charakter hörte, hat nicht auch überrascht. Man nannte ihn eine dämonische Kraft! Er liebe nicht sowohl die Freiheit, als er einen tödlichen Haß hege gegen die Unterdrückung und die Unterdrücker. Er sei nicht der Mann der Konzessionen, sondern er habe die vernichtende Geradheit eines Kanonenballs, der sein Ziel suche, um es zu zerschmettern.“ Und über die Wirkung auf Frauen schrieb Fanny Lewald, „daß Blum trotz seiner Häßlichkeit auf Frauen einen bedeutenden Eindruck zu machen pflegt durch die Gewaltsamkeit seines Geistes. Er selbst sei sich dieser Häßlichkeit voll bewußt und genieße, wenn er einer Frau gefalle, mehr den Triumph seines Geistes und seines Willens über die ihm von der Natur auferlegten Bedingungen seiner äußeren Gestalt, als er sich der ihm zuteil werdenden Liebe erfreue.“
Zur aktiven Politik kam Blum über sein Engagement in Leipziger Vereinen und Gesellschaften, die er zum Teil selbst gründete oder mit anderen zusammen ins Leben rief. Vor allem ist hier der „Schillerverein“ zu nennen, dem Blum mit der Herrichtung eines ehemaligen Domizils des Dichters in Leipzig-Gohlis eine Feier- und Weihestätte schuf. Schiller galt allgemein als der Heros aller deutschen Freiheitsbestrebungen und kann in mancher Weise als großes Vorbild für Robert Blum angesehen werden. In seinem Geiste kämpfte er gegen Unterdrückung und Willkür; mit Schiller lehnte er freilich auch alle revolutionären Exzesse ab, wie sie in Frankreich mit der Guillotinierung Ludwigs XVI. einen grausamen Höhepunkt erlebt hatten.
Sein überragendes Talent als Redner verschaffte Blum in nahezu allen Vereinen, denen er angehörte, hohe Reputation. Zu nennen sind der Leipziger „Literatenverein“, die Arbeit für die „Deutsch-Katholiken“, die den katholischen Glauben modernisieren wollten, der „Redeübungsverein“ von 1845, der als Vorwand für politische Diskussionen benutzt wurde, und auch Blums Mitgliedschaft in einer Freimaurer-Loge soll erwähnt werden, von der er sich freilich später enttäuscht ob ihrer elitären Ausrichtung abwandte. „Assoziation“ war das Stichwort der Zeit für oppositionelles politisches Engagement. Am wichtigsten wurde für Blums politische Ambitionen der „Hallgarten-Kreis“, dem er seit 1839 angehörte. Auf dem Weingut des Johann Adam von Itzstein in Hallgarten im Rheingau trafen sich Liberale und Demokraten aus ganz Deutschland, um ihre politischen Aktivitäten zu planen und abzustimmen. Hier fand Blums Ausbildung zum streitbaren Demokraten statt, die er fortan zur Erlangung politischer Ämter und zum Kampf für eine deutsche Republik nutzen wollte.
1845 kam es zum ersten öffentlichen Auftritt des „Volkstribuns“ Blum. Der Bruder des sächsischen Königs, Prinz Johann, hatte Leipzig besucht. Er galt als Reaktionär und religiöser Eiferer. Es kam zu einer Massen-Demonstration gegen die Monarchie vor dem „Hotel de Prusse“, die vom königlichen Militär aufgelöst wurde. Schließlich fielen Schüsse, acht Tote und vier Verletzte waren unter den Demonstranten. Tags darauf bildete sich eine spontane Protestversammlung im Schützenhaus, auf der Blum eine beschwörende Rede hielt. Er riet zu Mäßigung und zu gesetzestreuem Handeln und erwirkte eine Untersuchung der Vorfälle durch den Stadtrat. Diese Rede verhalf Blum über die Grenzen Leipzigs und Sachsens hinaus zu großem Ruhm und beförderte ihn in die erste Reihe der deutschen Oppositionellen. Die Frauenrechtlerin Louise Otto, deren Engagement Blum publizistisch unterstützte, sprach von einer „Art von Zauber auch auf die aufgeregtesten Massen“, den Blum auszuüben verstand, so daß er von vielen wie ein Messias verehrt wurde.
Blum war sich seiner Wirkung durchaus bewußt und wollte daraus für die Freiheit des Volkes politisches Kapital schlagen. Nach einem zähen Kampf um den Bürgerstatus wurde er 1846 in den Leipziger Stadtrat gewählt. Von hier führte ihn sein Weg über das Frankfurter Vorparlament und den „Fünfziger-Ausschuß“ in die Nationalversammlung. Im Vorparlament und in der Nationalversammlung war er einer der Vize-Präsidenten, und bei der Wahl zum Fünfziger-Ausschuß, der bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung die Geschäfte führen sollte, erhielt er die dritthöchste Stimmenzahl. Blum war auf dem Zenit seines Ansehens, und doch mußte er erleben, daß seine politischen Ziele nicht zu erreichen waren.
Er war der Führer der gemäßigten Demokraten, die sich im Frankfurter „Deutschen Hof“ trafen. Ihnen standen die Liberalen gegenüber, von denen Blum gern als „Maulhelden“ sprach. „Gemäßigte Liberale“ seien „Leute, die nichts thun wollen und nichts thun können, aber erstaunlich viel schwatzen“. Heinrich Heine verspottete sie mit den Zeilen: „Der Knecht singt gern ein Freiheitslied / des Abends in der Schänke. / Das fördert die Verdauungskraft / und würzet die Getränke.“ Auf der Linken freilich hatte sich Blum mit den radikalen Demokraten („Donnersberg“-Fraktion) auseinanderzusetzen, die gewillt waren, die Machtverhältnisse in Deutschland auch gewaltsam zu verändern. Zu den bekanntesten Vertretern zählten Friedrich Hecker und Gustav von Struve, die später indessen mit einem revolutionären Volksheer in Baden scheitern mußten.
In der Paulskirchenversammlung hatte die Rechte aus Konservativen und Liberalen die Mehrheit, und Blum mußte zähneknirschend hinnehmen, daß seine Anträge zur Verfassung des Deutschen Reiches meist abgelehnt wurden. Zu unterschiedlich waren die grundsätzlichen Auffassungen zwischen Links und Rechts. Zerback beschreibt die Situation wie folgt: „Die Linke sah die Paulskirche als Vollgewalt der neuen Ordnung, doch große Teile der Mitte erblickten in ihr lediglich (…) die Verfassunggebende Versammlung, die sich, wo nötig, mit den Regierungen der einzelnen Staaten verständigen sollte.“
Die Versammlung mußte ein Papiertiger bleiben, weil ihr eine eigene Exekutive fehlte und weil die einzelnen deutschen Staaten ihren Beschlüssen stets noch zustimmen mussten und sie deshalb kassieren konnten. Auch der „Reichsverweser“, der österreichische Erzherzog Johann (Blum nannte ihn den „Reichsvermoderer“), auf den man sich einigte, konnte mitsamt seinem Ministerium daran nichts ändern. Als man schließlich gar das preußische „Erbkaisertum“ beschloß und dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone andienen wollte, war Blum der Resignation nahe. Hinzu kam seine finanzielle Situation, die auf ein Desaster zusteuerte, so daß er seiner Frau Jenny nur noch verzweifelte Briefe aus Frankfurt schreiben konnte.
Am 16. September 1848 räumte die Nationalversammlung den feudalen Herrschern faktisch ein Ablehnungsrecht der Verfassung ein; das bedeutete: die Verfassung konnte nur in Kraft treten, wenn die deutschen Fürsten ihr zustimmten. Veit Valentin, der große Historiograph der gescheiterten Revolution, spricht von dem „schwarzen Tag des Frankfurter Parlaments“. Nun mußte Blum entscheiden, ob er bei seiner Loyalität zu den Mehrheitsbeschlüssen bleiben oder einen anderen Weg gehen wollte. Seine letzte Hoffnung glaubte er in Wien finden zu können, wo eine revolutionäre Volksvertretung den Kaiser zum Verlassen der Stadt gezwungen hatte und wo man sich auf den entscheidenden Kampf mit den kaiserlichen Truppen einstellte. Blum reiste mit einer Abordnung des Frankfurter Parlamentes nach Wien und versicherte die dortigen Volksvertreter der Solidarität der Paulskirche. Nun aber ließ er es nicht bei verbalen Beteuerungen, er griff selbst zur Waffe, als es galt, die Stadt gegen die anrückenden Truppen des kaiserlichen Generals Windischgrätz zu verteidigen. Im Range eines Hauptmannes des revolutionären „Corps d’Elite“ kämpfte er auf der Sophienbrücke und an der Nußdorfer Linie. Am Ende mußte der Kampf gegen die Übermacht der Kaiserlichen verloren gegeben und die Kapitulation ausgesprochen werden. Blum wurde zusammen mit anderen inhaftiert.
Als Abgeordneter der Paulskirche genoß er Immunität. Freilich kümmerte dies den Fürsten Schwarzenberg, den Nachfolger Metternichs, nicht. Er überließ ihn dem Standgericht seines Schwagers Windischgrätz, der den prominenten Republikaner in einem jedem juristischen Anspruch Hohn sprechenden Verfahren wegen „bewaffnetem Aufruhr“ zum Tod durch den Strang verurteilen ließ. Veit Valentin nennt den Prozeß und seine Umstände eine „Verbindung von Menschenverachtung, Staatsräson, Intrige und Schlamperei“. Am Morgen des 9. November 1848 wurde Robert Blum auf der Wiener Brigittenau erschossen. Das Urteil war aus Ermangelung eines Henkers umgewandelt worden. Einige Quellen berichten davon, daß nur wenige Minuten später mit reitendem Boten eine schriftliche Anordnung Schwarzenbergs eingetroffen sei, wonach die Verurteilten nicht standrechtlich erschossen werden, sondern weiterhin in Haft bleiben sollten; allerdings betraf die Amnestie, wenn es sie denn überhaupt gab, wohl nur Österreicher, nicht aber Aufständische aus Deutschland. Blums letzte Worte waren: „Ich sterbe für die Freiheit, möge das Vaterland meiner eingedenk sein.“ Theodor Heuss kommentiert die Exekution später wie folgt: „Das Österreich, das sich aus dem Sieg über Wien erheben sollte, konnte seine Mißachtung gegenüber Frankfurt nicht eindeutiger bekunden. Die Hinrichtung Blums war ein rein politischer Akt.“
Die Geschichte der Paulskirche endete mit einem Desaster, zuletzt wurden die Abgeordneten von Frankfurt nach Stuttgart und Karlsruhe vertrieben, der Preußenkönig lehnte die Kaiserkrone aus der Hand von Volksvertretern ab. Daran hätte wohl auch Blum nichts ändern können. Sein Andenken freilich lebte noch viele Jahre im Volk weiter. Es setzte geradezu eine Art Heiligenverehrung ein, die seine Familie durch Sammlungen in ganz Deutschland immerhin vor materieller Not bewahrte. Dann aber triumphierte Bismarck, dessen autoritäre Machtpolitik am Ende gar von Friedrich Hecker als Vollendung der deutschen Einheit und der Revolution gepriesen wurde. Robert Blum geriet in Vergessenheit. Für die deutsche Demokratie bleibt er gleichwohl eine der leuchtendsten Gestalten.