Leseprobe – Feindbilder

I

Dem Oberstudienrat Heribert Sempft haftete eine Fülle von Merkmalen an, deren Beseitigung – auch wenn man sie allen Ernstes und mit ganzer Kraft hätte betreiben wollen – schier unmöglich gewesen wäre. Sein Wesen wurzelte tief in preußischdeutscher Zuchtmeistertradition, seine pädagogischen Eigenschaften waren auf jene dornigen Blüten gebettet, die Generationen teutonischer Aufzucht-Experten an’s Licht der Welt getrieben haben.

>Mens sana in corpore sano< war ein wichtiger seiner geliebten klassischen Grundsätze. Und es wurmte ihn stark, daß es in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts nicht mehr opportun war, die Schüler und Schülerinnen vor der Latein-Stunde lockernde Freiübungen vollziehen zu lassen. – Beileibe nicht das einzige Handicap, unter dem Heribert Sempft zu leiden hatte! Schwerer wog die keineswegs akzeptable Tatsache, daß der Direktor und die meisten Kolleginnen und Kollegen in grundsätzlichen Dingen anderer Meinung waren als er.
So hatte er sich abgekapselt; in dem sicheren Bewußtsein, daß sie ihm das Wasser nicht reichen konnten, daß er, Heribert Sempft, und niemand anders im Besitz letzter pädagogischer Weisheit und wahrer humanistischer Bildung sei. Sein Verhalten drückte die tiefe Verachtung jener scheinbaren Einsichten aus, die den Unterrichtseinheiten der Kolleginnen und Kollegen zugrundelagen.
Die Fächer Latein und Griechisch waren seine Obliegenheiten, und hierin kannte sich kaum jemand besser aus als er. Ovid und Homer im Original zu lesen, mochte manchen vor allem jüngeren Lehrkräften selbst am humanistischen Gymnasium, an welchem er lehrte, eine Zeitverschwendung scheinen – horribile dictu! Heribert Sempft litt unter dem dekadenten Verfall altphilologischer Gesittung, denn er wußte noch, welche Kleinode sie damit verschmähten. Und er glaubte deswegen das Recht zu haben, sie zu verachten.
Ob er sich aber noch so sehr in der Verachtung des ihn umgebenden Lehrkörpers gefiel, ein wenig schmerzte es ihn doch, daß er nicht durchdrang mit seiner Wahrheit. Glanzvolle Auftritte in der Oberstufe, die man seit einiger Zeit mit dem unsinnigen Namen Reformierte Oberstufe versehen hatte, vermochten demgegenüber nur unzureichende Kompensation zu leisten.
So suchte er, manche Male unbewußt, immer wieder nach einem Weg, dem Kollegium sein Genie zu offenbaren. Nicht daß es ihm eigentlich darum ging, eine Lanze für das humanistische Bildungsideal zu brechen, nein, mit diesem Begriff schien ihm schon viel zu oft Schindluder getrieben worden zu sein. Ihm lag vielmehr daran, mit der strengen Grammatik des Lateinischen und Griechischen das Fundament zu legen für preußische Zucht und Ordnung. Der sogenannte Geist humanistischer Bildung war seiner Meinung nach in seinen Interpretationsmöglichkeiten bei weitem zu beliebig; hingegen waren die strengen, mathematisch strukturierten Grundregeln der altsprachlichen Grammatik über jeden Zweifel erhaben. Sie drückten Disziplin und zeitlose Vollkommenheit aus.
Und genau das war es, was Heribert Sempft für alle Schüler und erst recht für alle Lehrer des humanistischen Gymnasiums als erstrebenswert ansah. Insofern unterwarf er sich keineswegs den verweichlichten Tendenzen sogenannter moderner Pädagogik, die mehr auf fruchtlose Diskussionen als auf solide Leistungen zielten. Nichts erschien ihm fragwürdiger als das so oft strapazierte Schlagwort der Erziehung zur Kritikfähigkeit. Es gab schließlich Regeln und Gesetze, die jenseits aller Kritik ihre fortwährende Gültigkeit beanspruchen konnten. Und Heribert Sempft erschien es unvergleichlich sinnvoller, diesen Regeln nachzueifern als sich zielloser Kritisiererei hinzugeben.
Manchmal versuchte er – auf Konferenzen und anderen Besprechungen des Kollegiums, denen er beizuwohnen hatte – seine grundsätzlichen Ansichten darzustellen. Er versuchte sie zum Beispiel als Grundlage seiner Argumente zu verdeutlichen die Details der Zensurengebung oder des Lehrplans betrafen. – Man ging kaum darauf ein, höchstens daß der Direktor ein paar Fragen oder Bemerkungen darauf verwandte – aus Höflichkeit eher, so schien es nicht nur Heribert Sempft.
Zwar erhöhte das Desinteresse des Lehrkörpers jedesmal seine Unzufriedenheit, und der vergebliche Versuch, den Ärger zu unterdrücken, trieb ihn noch weiter in die Isolation; andererseits aber steigerte es sein Sendungsbewußtsein. Und in dem Satz, daß der Prophet im eigenen Lande nichts gelte, suchte er gleichermaßen Trost und Zuversicht in die zukünftige Wirkung seiner Anstrengungen.
Was die Schüler und Schülerinnen anging, so begegnete er ihnen in der überwiegenden Zahl aller Fälle mit Abneigung. Es schien ihm schlimm genug, daß er seine wertvolle Zeit mit dem Versuch vergeuden mußte, disziplinierte Altsprachler aus ihnen zu machen. Zumal dieser Versuch, das hatte der Altphilologe Heribert Sempft zur Genüge und leidvoll erfahren müssen, in aller Regel zum Scheitern verurteilt war.
Es war eben geradezu eine Sisyphos-Arbeit, gegen die schädlichen Einflüsse der Umwelt, des Elternhauses und des Kollegiums als Einzelkämpfer in Latein und Griechisch anzukommen. Was ihm blieb, waren Episoden. Wenn er indes einmal einen Eleven für seine Weltsicht begeistert hatte, so wurde er ihm doch schon bald durch die übermächtigen Einflüsterungen der bigotten Welt wieder entrissen. – Seine Abneigung den Zöglingen gegenüber schien ihm durch solch enttäuschende Erlebnisse gleichsam legalisiert. So waren sie ihm denn auch am liebsten, wenn sie als schweigendes Publikum seine glanzvollen Auftritte, seine brillanten Lektionen über Cicero zum Beispiel oder über Herodot bestaunten. – Indessen fühlte er sich danach meist auch nur wie einer, der Perlen vor die Säue geworfen hat. Sein Niveau, so schien es ihm, war eben zu hoch. Das Mittelmaß der Schülerinnen und Schüler reichte nun einmal nicht zu ihm hinauf.
Über allem hatte er darauf zu achten, nicht dem Zweifel an sich selbst und an seiner Sendung anheimzufallen, sondern der Heribert Sempft zu bleiben, von dessen Einsichten und Ansichten er zutiefst überzeugt zu sein hatte.

II

Es lag Schnee auf dem Schulhof. Sempft hatte freiwillig die Aufsicht übernommen. Er konnte ihn heute nicht ausstehen, den Zigarettenqualm im Lehrerzimmer, der die geistlosen Gespräche überflüssigerweise umwölkte. Er hatte es längst aufgegeben, sich an der Pausenkonversation der Kolleginnen und Kollegen zu beteiligen. In den mittlerweile immerhin einundzwanzig Dienstjahren hatte ihm die Sinnlosigkeit, das, was er für Sinn hielt, in ihre oberflächlichen Debatten bringen zu wollen, immer mehr einleuchten müssen.
Die Hofaufsicht, vor allem bei feuchtem und kaltem Wetter, übernahm normalerweise kein Mitglied des Lehrkörpers freiwillig. Auch Sempft nicht. Heute aber war es anders. Sein abgrundtiefer Widerwillen, gepaart mit persönlicher Abneigung gegen alle, die sich seine Kollegen und Kolleginnen nannten, trieb ihn hinaus. Er stolzierte auf dem Hof umher, zwischen den Gruppen und Grüppchen der Pennäler hindurch. Sein Gesicht stellte eine verächtliche, gestrenge Miene zur Schau, die das Gespräch der Schüler und Schülerinnen bei seinem Herannahen verstummen ließ.
Der pappige Schnee bedeckte knöcheltief den Pausenhof. Schon den ganzen Morgen rieselten schaumige Flocken auf die graue Stadt. Das humanistische Gymnasium, im Gründerstil klotzig zwischen ansehnliche Bürgerhäuser gestellt, wirkte heute besonders düster. Sie hatte einmal einen stolzen Ruf, die alte Penne. Hohe Beamte zunächst der Monarchie und später der Republiken, sogar Minister hatte sie hervorgebracht, deren Porträts in der Aula zu besichtigen waren.
Seit einigen Jahren jedoch, seit die Eltern ihre Kinder lieber auf das neusprachliche oder das technisch-naturwissenschaftliche Gymnasium schickten, war dieser Ruf immer zweifelhafter geworden. Kauzige Lehrer wie Sempft trugen dazu bei, das Ansehen mehr und mehr zu ramponieren. Das Odium des Unzeitgemäßen, des Muffigen und Verstaubten war in gewissen Kreisen, die sich für avantgardistisch und fortschrittlich hielten, an die Stelle der Aura des Ehrwürdigen getreten.
Natürlich sah man es von offizieller Seite am humanistischen Gymnasium durchaus nicht so; und Direktor Dr. Frenzen gab sich alle Mühe, der großen Tradition gerecht zu werden. Geradezu rührend warb er um jeden potentiellen Schüler. Jedoch war seiner Hingabe keinerlei Erfüllung beschieden: die Zahl der Schüler und Schülerinnen war der galoppierenden Schwindsucht hoffnungslos ausgeliefert. Schon wurden im Schulausschuß des Kreistages Überlegungen angestellt, dem humanistischen Gymnasium ein bescheideneres Domizil zu verordnen. Frenzen und einige ehrfürchtige Ehemalige kämpften mit der Kraft der Verzweiflung gegen solche Bestrebungen an. Sie standen auf verlorenem Posten, das wußten vor allem ihre Gegner. Deshalb forcierte man diese Angelegenheit nicht; man verließ sich auf die Argumente des Zeitablaufs.
Sempft gehörte natürlich zu den entschiedensten Verfechtern eines unveränderten Fortbestandes der alten Penne. Jedoch gab man ihm nicht allzu häufig Gelegenheit, seine Meinung kundzutun. Man dämpfte von offizieller Seite seinen Argumentationshunger eher, da er allseits zwar für engagiert, aber für unsachlich und aufbrausend galt. Mußten die Schule oder die Verwaltung also einen Verfechter ihrer Sache auf eine Podiumsdiskussion, in eine Ausschußsitzung oder auf ähnliche Veranstaltungen entsenden, so fiel die Wahl so gut wie nie auf Heribert Sempft. Man fürchtete, er könne der humanistischen Sache einen Bärendienst erweisen. Zu oft hatte man in früheren Zeiten beispielsweise die Erfahrung machen müssen, daß Sempft zur Untermauerung seiner Position griechische oder lateinische Zitate vortrug, die im wesentlichen Kopfschütteln und Schulterzucken bewirkten.
Den Oberstudienrat verdrossen diese Reaktionen; noch mehr aber verdroß es ihn, daß der Direktor und der Oberschulrat Abstand davon nahmen, ihn für die Schule an die Front zu schicken.
Erst gestern war er auf einer Veranstaltung der örtlichen Zeitung gewesen, bei der es um die zukünftige Schulpolitik ging. Für das humanistische Gymnasium hatte Dr. Frenzen selbst gesprochen. Er war in seinen Stellungnahmen eher behutsam und abwartend geblieben, hatte versucht, durch Bescheidenheit Sympathie bei den Zuhörern zu wecken. Heribert Sempft war darob mehr und mehr in Zorn geraten; er haderte mit seinem Chef, der ihm ohne Mumm und ohne Vorneverteidigung anzutreten schien. Diese Verstimmung konnte der Oberstudienrat bis zum folgenden Tag nicht verwinden.
Er hatte schlecht geschlafen und war verschnupft zum Dienst erschienen. Jetzt stapfte er durch den Schnee, voller Verachtung für den Lehrkörper und speziell für Dr. Frenzen.
Im Lehrerzimmer, das war ihm hinlänglich geläufig, würde man trotz allem wieder Lobeshymnen auf den Chef singen. Daran wollte er sich nicht beteiligen, das war nicht nur ihm klar; er wollte sie aber auch nicht anhören müssen. Also übernahm er die Hofaufsicht und ließ die Schüler und Schülerinnen merken, daß er wieder einmal mit Gott und der Welt im Unreinen war.
»Dem Mostrich ist wieder die Petersilie verhagelt«, spöttelte Jan Eisener aus der Klasse Dreizehn hinter seinem Rücken. Wohlweislich flüsterte er, so daß der Oberstudienrat seine Worte nicht verstehen konnte. Eisener war ihm in mancher Hinsicht besonders suspekt. »Sie sind ein renitenter Charakter«, pflegte er ihm mitzuteilen, wenn sie aneinander gerieten. Und das kam nicht selten vor. Sempft hielt den schlaksigen Milchbart mit den neugierigen Augen einer humanistischen Bildung nicht für würdig. Ihm fehlte die Ehrfurcht vor der großen Tradition. Folgerichtig waren seine Leistungen eher mittelmäßig; er lavierte sich von einer Klassenarbeit zur nächsten, ohne dabei besonderen Ehrgeiz zu entwickeln. Es wurmte Sempft schon lange, daß es am Ende doch immer wieder hinreichte und daß ihm letztlich nicht entscheidend am Zeuge zu flicken war.
Eisener neigte zur Ironie. Ganz gleich, wer ihm ernsthafte Vorhaltungen zu machen versuchte, sie gerieten sämtlich über kurz oder lang zur Farce, weil sie in einen Boden fielen, der solchen Samen die seltsamsten Blüten treiben ließ. Der Schlaks pflegte den Vorhaltungen zunächst scheinbar zerknirscht zuzuhören, um dann von sich aus ganz überraschend Vorschläge zur Beseitigung des gerügten Mankos und zur Besserung zu unterbreiten. Diese Vorschläge waren meist so hanebüchen, daß die jeweiligen Pädagogen entweder in Raserei ausbrachen oder ihre berufliche Eignung ernsthaft infrage stellten.
Sempft tobte jedesmal, beschwor den Himmel, die Wiedereinführung der Prügelstrafe zu veranlassen, und mußte schließlich die kalte Wut im Herzen, kapitulieren. Jan Eisener legte dem Tobenden gegenüber nun erneut Zerknirschung an den Tag und schien sich seiner eigenen Worte wegen ganz erheblich zu grämen. Natürlich bemerkte selbst Sempft die Schauspielerei, da er jedoch keinen Weg fand, sie zu entlarven, blieb ihm nichts als den Anfall mit dem obligaten Hinweis auf Eisener’s renitenten Charakter zu beenden.
Sempft hatte es mit Schikane versucht, mit Eintragungen ins Klassenbuch, Bloßstellungen vor der gesamten Klasse, beleidigenden Äußerungen und anderen bewährten Methoden mehr oder weniger subtiler Fertigmache – bis auf einige wenige Augenblickserfolge war ihm damit nichts Nennenswertes gelungen. Und so sehr er sich auch an den kleinen Siegen weidete, letztlich verausgabte er sich Jan Eisener gegenüber ohne Erfolg, jedenfalls ohne sichtbaren.
Der grimmig stapfende Altphilologe inmitten der frierenden, aber munteren Schar der Schüler und Schülerinnen bot einen sonderbaren Anblick. »Putzig, wie er dahintrottelt«, ergänzte Martin Holl die Spöttelei seines Freundes Jan Eisener. Auch er wagte hinter dem Rücken des Oberstudienrates nur zu flüstern.
Sempft spürte, daß man seinetwegen tuschelte und wandte sich mißtrauisch nach der Gruppe aus der Klasse Dreizehn um. »Möchten Sie mir etwas sagen?« herrschte er Martin Holl an, der verlegen grinste. »Äh, nein … warum?« war seine Antwort, »nein, Herr Oberstudienrat.«
Da geschah aus schneeverhangenem Himmel, ohne daß es sich angekündigt hätte, etwas Unerhörtes, das den ganzen Schulhof erstarren ließ: Sempft wurde von einem kräftig geschleuderten Schneeball am Hinterkopf getroffen. Die zusammengepreßte Masse weichen Schnees zerplatzte mit dumpfem Ton am Schädel des Altsprachlers. Der fuhr herum, schien eine Schrecksekunde lang zu versteinern, und während er sich an den Kopf griff, brüllte er schließlich um so lauter mit sich überschlagender Stimme: » Welcher Irrsinnige war das? Wer hat sich das erlaubt?«
Er schäumte nunmehr vor Wut und hielt mit blitzenden Augen Ausschau nach dem Täter. Er stolperte ein paar Schritte voran, in die Richtung, aus der das Geschoß gekommen war. Ein Haufe Quartaner stob auseinander, um sich vor der Wut des Humanisten in Sicherheit zu bringen. Sempft hielt abrupt inne und blickte inquisitorisch in die Runde. »Ich erwarte, daß sich der Täter meldet, auf der Stelle«, schrie er, »nicht nur unverschämt, auch noch feige, was?«
Mit den flüchtenden Quartanern hatte sich die Starre auf dem Schulhof gelöst. In einigen Ecken hörte man verhaltenes Gelächter. Während Sempft blindwütig nach den Frevlern spürte, kam Leben in das Völkchen der Schüler und Schülerinnen. Sie liefen durcheinander und machten sich jetzt unverhohlen über den Tobenden lustig. Während der eine völlig unschuldige und arglose Sextanerin beim Schlafittchen packte, schrie er etwas von Attentat und Renitenz.
Im Lehrerzimmer war man aufmerksam geworden. Man trat an die Fenster und sah auf den Hof hinaus, um festzustellen, was der plötzliche Lärm zu bedeuten hätte. Studiendirektor Dieter Haupt, der Stellvertreter des Chefs, erfaßte als erster die Lage. Zwar konnte er sich ein winziges Lächeln nicht verkneifen, schließlich jedoch trat er hinaus, um dem Tumult pflichtschuldigst ein Ende zu bereiten. Er befreite die Sextanerin aus Sempftens Griff und suchte den immer noch schäumenden Oberstudienrat zu besänftigen. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und redete auf ihn ein.
»Aber Herr Kollege, ich bitte Sie«, sagte Haupt, »was ist denn nur geschehen? Sie sind ja ganz außer sich.« Sempft schüttelte die Hand des anderen ab, um ihn seinerseits am Arm zu fassen. » Was geschehen ist?« er schrie noch immer, »was geschehen ist, wollen Sie wissen? Man hat einen Anschlag auf mein Leben verübt. Das ist geschehen!« – »Nun kommen Sie«, entgegnete Haupt mit einem strengen Blick auf die Schüler und Schülerinnen, die sich um das Pädagogenpaar zu scharen begannen, »gehen wir erst einmal hinein. Sie müssen sich beruhigen.« Er zerrte den vor Wut grimassierenden Altphilologen in Richtung Schuleingang. Sempft folgte widerstrebend, wandte sich aber in der Tür nach den johlenden Eleven um, schüttelte die Faust und schrie mit drohender Stimme: »Quousque tandem abutere, Catilina, patientia nostra! « Seinen Cicero mußte man ihn nicht lehren.